Archive für Februar 2011

Bedienungsanleitung für ALS Kranke

Vorab möchte ich festhalten, dass ich natürlich nicht für alle ALS-Kranken dieser Welt sprechen kann. Doch ich denke, dass Vieles, was hier aufgeführt wird, für die meisten zutrifft. Die jenigen Kranken, über die ich gelesen oder von denen ich sonst gehört habe, sind auf jeden Fall ähnlich selbstbestimmt (oder heißt es „renitent“?) wie ich. Und alle anderen dürfen gerne Ergänzungen und/oder Änderungen einreichen.

Zunächst einmal gilt es, ein paar Begrifflichkeiten zu klären. ALS, die „Amyotrophe LateralSklerose“ ist eine perfide, genial ausgeklügelte Krankheit, auch als MND, „Moto Neurone Disease“ bekannt. Zu trickreich und ausgeklügelt, als dass sie von Menschenhand stammen könnte, so wie man den Ursprung des HIV Virus in einem biologischen Waffenforschungslabor vermutet. Bei der ALS wird die Steuerung der Muskeln (Ausnahmen: Herz-, Augen- und Schließmuskel) durch zunehmende Deaktivierung der dafür zuständigen Neuronen immer stärker eingeschränkt bis sie alle zum Erliegen kommen, Atmung inklusive. Die 5 Sinne (bis auf das Sprechvermögen) bleiben genauso unberührt wie die kognitiven Fähigkeiten. Bei mir wurden die Sinne sogar geschärft, die Empfindlichkeit gegenüber lauten Geräuschen, starker Helligkeit und Gerüchen wurde gesteigert! Die Erkrankten leiden unter zunehmendem Muskelschwund, dem Verlust der Sprach- und Handlungsfähigkeit. Behandlungen oder Medikamente sind weder empfohlen noch notwendig, eine Heilung ausgeschlossen! Kurz gesagt: Input ok, Output nicht!

Sehen wir uns mal die Beteiligten an: da sind zuerst die an der ALS Erkrankten. Sie und ihre Angehörigen bilden die einzigen beiden Gruppen, die nicht freiwillig in diesen Prozess involviert sind. Raus aus dem normalen Leben gerissen und auf den Weg zum Pflegefall gesetzt. Das ist in hohem Maß frustrierend und macht wütend. Der Kranke wird kontinuierlich in einem unaufhaltsamen Prozess seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten beraubt. Er ist zunehmend auf Hilfe verschiedenster Art angewiesen und wird somit gezwungen, Fremden Zugang zu bisher privaten Bereichen - sowohl räumlicher als auch körperlicher Art - gewähren zu müssen. Wegen dieser unfreiwillig getroffenen Entscheidung gilt Hilfe primär erstmal als „Feind“.

Damit wären wir bei den Profis, der „Waschlappenfraktion“, bestehend aus Alten- und Krankenpflegern, Ärzten und Schwestern, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Krankengymnasten. Dann gibt es noch die Gruppe der Praktikanten, Schüler und Auszubildenden, und die der freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer. Zu guter Letzt sind da noch die, die ohne Warnung in die „Beziehung“ zu ALS-Kranken gerutscht sind: Angehörige und Freunde.

Nun, da die Teilnehmer bekannt sind, zu dem Spielfeld und einigen Grundregeln. Wenn der Kranke es sich leisten kann, findet die letzte Spielzeit bei ihm zu Hause, unter Einbindung externer Hilfe, statt. Er wird versuchen, gewohnte Abläufe so lange beizubehalten, wie es geht. Wenn nicht, bleiben Krankenpflegeheime, Hospize oder spezielle Einrichtungen. Hier ist der Kranke (aus Pflegesicht) am Besten aufgehoben, aber das spielt emotional für ihn keine Rolle - er wird die neue Lokalität hassen! Egal, was auch immer Sie versuchen. Also lassen Sie es besser gleich sein, und versuchen Sie keinesfalls ein „Ersatzzuhause“ zu erstellen. Nochmal zu den Gründen für den Umzug: unfreiwillig, erzwungen durch eine tödliche Krankheit. Aus demselben Grund unterlassen Sie bitte auch alle Versuche, der Freund des Kranken zu werden. Das klappt nur gelegentlich, und wenn, dann nur im Lauf der Zeit. Damit das funktioniert, ein paar grundsätzliche Verfahrensweisen und Kommunikationshilfen:

Rücken Sie dem Kranken nicht „auf die Pelle“. Sie brauchen Ihren Kopf nicht dicht vor sein Gesicht zu bringen, um gehört oder gesehen zu werden, es sei denn, Sie möchten ihn küssen. Auch eine Erhöhung der Lautstärke oder ständiges Wiederholen hilft nicht zu einem guten Verständnis, sondern nervt lediglich den Kranken!

„Nein“ bedeutet „nein“, egal wie oft Sie eine Frage abwandeln und/oder wiederholen. Schweigen bedeutet nicht unbedingt Zustimmung, sondern meistens: nichts.

Stellen Sie einfache, klare und unmissverständlich formulierte Fragen. Vermeiden Sie rethorische Fragen und Gemeinplätze wie „ich darf mal…“ oder „ich nehme das weg, ja?“ Letzteres weist kaum Merkmale einer Fragestellung auf. Eigentlich selbstverständlich, aber dennoch erwähnenswert, da es vorkommt: vermeiden Sie es, an den Kranken gerichtete Fragen selbst zu beantworten, sondern haben Sie etwas Geduld. Im besten Fall wird der Kranke lediglich sauer vor ohnmächtiger Wut, bei mir führt es dazu, dass ich die Kommunikation zur Gänze einstelle.

Warten Sie auf eine Antwort, ehe Sie die nächste Frage stellen, auch wenn es länger dauert.

Keinesfalls sollten Sie versuchen, den Kranken zu tätscheln oder streicheln. Bei mir löst das den Impuls aus, zu beißen…

Versuchen Sie, Ruhe zu vermitteln, Sätze wie „eigentlich bin ich etwas im Stress, aber versuchen wir mal…“ sind für erfolgreiches Arbeiten eher kontraproduktiv.

Jetzt noch zu ein paar Besonderheiten ALS-Kranker, die wahrscheinlich nur mich betreffen. Mir Getränke anzureichen, ist genauso einfach wie das Auftanken einer F17 in der Luft. Einmal angedockt, muss der Pilot den Abstand zum Tankflugzeug gleich halten. Lässt er den Abstand zu groß werden, reißt die Verbindung ab. Fliegt er zu nah ran, beschädigt er die Tankvorrichtung. Genauso verhält es sich bei mir mit dem (Still-)Halten von Tasse und Strohalm.

Da ich manchmal Stunden in meinem Fernsehsessel verbringe, ist für mich eine ausgewogene Sitzposition sowie der faltenfreie Sitz meiner Kleidung so wichtig, dass es nicht informierten Beobachtern wie eine kleine Psychose vorkommen muss! Dem ist nicht so - ich habe bloß eine Aversion gegen unnötige Schmerzen, Dekubitus und andere „Lagerschäden.“ Ein Hinweis zum Lagern: kippe ich permanent zu einer Seite, dann kann man die Sitzposition mittels unterstützender Kissen fixieren - oder (besser für mich) man sucht die entspannte Mitte…

Letztlich wird jeder am Erfolg gemessen. Mir persönlich ist es beispielsweise recht egal, ob man mir eine Jacke wie einen Pullover anzieht oder nicht - Hauptsache, sie passt und der Vorgang wurde schmerzfrei und mit vertretbarem Zeitaufwand absolviert!

Und noch ein letzter Tipp: Ihre Schicht dauert maximal 8 Stunden, danach kehren Sie in Ihr Privatleben zurück. Bitte vermeiden Sie während Ihres „Martyriums“ Gestöhne, Gejammere und - was mich betrifft - Smalltalk vor der ersten Tasse Kaffee. Konzentrieren Sie sich, vergegenwärtigen Sie sich, wo rechts und links ist und treten Sie selbstbewusst und mit eigener Meinung auf - dann sind Sie leichter auszurechnen. Freundlicher ausgedrückt: dann weiß der Kranke/Gast/Patient, was er an Ihnen hat. ;-)

Vorsilben und anderer Schwachsinn

Das Wort „verbringen“ hat mich auf die Palme verbracht und ich dachte daran, etwas über Sinn und Unsinn von Vorsilben zu schreiben. Doch dann stieß ich auf den folgenden Artikel im „Spiegel Online“, den ich ziemlich ähnlich verfasst hätte. Darum, im Gegensatz zu Dr. von Guttenberg, mit Quellenangabe:

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Zitatbeginn***

Bitte verbringen Sie mich zum Flughafen!
Von Bastian Sick

Am Anfang war das Wort. Und vor das Wort drängte sich - die Vorsilbe! Seitdem ist die Sprache nicht einfacher geworden, dafür aber reicher. In der Regel stellen Vorsilben nämlich eine Bereicherung der Sprache dar. In einigen besonders vornehmen Fällen sind sie sogar eine Anbereicherung.

Seit dem Start ist Henry unleidlich. “Was ist denn los?”, frage ich. “Ich habe Blähungen!”, stöhnt mein Freund. “Reiß dich bloß zusammen”, sage ich, “sonst löst du unter den Passagieren eine Panik aus!” - “Ich hasse dich”, erwidert Henry. “Ich weiß”, sage ich, “du hättest eben auf das zweite Sandwich verzichten sollen.” In diesem Moment beugt sich die Stewardess, die mit dem Einsammeln des Plastikgeschirrs beschäftigt ist, zu uns herab und fragt: “Könnten Sie mir das Tablett wohl eben anreichen?” Henry lächelt gequält und sagt: “Würde es Ihnen unter Umständen genügen, wenn wir Ihnen das Tablett einfach reichen?” Die Stewardess setzt den berühmten “Äh-wie?”-Blick auf, und um uns allen weitere Peinlichkeiten zu ersparen, empfehle ich ihr, den Herrn neben mir einfach für den Rest des Fluges zu ignorieren.

“Was mischst du dich in meine Unterhaltungen mit blonden Frauen?”, entrüstet sich Henry, kaum dass die Stewardess außer Hörweite ist, “hast du nichts zu lesen dabei?” - “Ich dachte, du hast Blähungen, da wollte ich die junge Dame nur so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone bugsieren …” - “Die litt ja selbst an Blähungen, wie deutlich zu hören war”, erwidert Henry. “Könnten Sie mir das Tablett wohl anreichen? Das ist Silbenschaumschlägerei!” - “Vielleicht dachte sie an anreichern oder etwas Ähnliches”, sage ich.

Henry sieht mich mitleidig an: “Oder sie war vorher im Kloster, wo sie alles über das Anreichen des Kelches beim Abendmahl gelernt hat. Und weil sie es nicht erwarten konnte, in den Himmel zu kommen, wurde sie Stewardess.” - “Achtung, Henry, dein Niveau droht wieder mal abzusinken!”, merke ich an. Henry zuckt zusammen: “Da, jetzt machst du es schon selbst! Absinken hast du gesagt. Das ist gequirlter Unfug. Es gibt weder absinken noch aufsinken!” - “Ich wollte erst absacken sagen und habe mich dann im letzten Moment für sinken entschieden, und so wurde absinken daraus”, versuche ich mich zu verteidigen. “Absenken wird auch gern gebraucht”, fällt Henry ein, “vor allem im Zusammenhang mit Konstruktionsfehlern: ‘Die Decke der Kongresshalle hatte sich abgesenkt.’ Ein Bedeutungsunterschied zwischen senken und absenken ist nicht nachweisbar, daher kannst du auf das ‘ab’ getrost verzichten.”

Während Henry sich bemüht, seine natürlichen Gasvorkommen unter Kontrolle zu halten, schaue ich aus dem Fenster und denke über Vorsilben nach. Da fällt mir meine Großmutter ein, mit der ich früher so oft Scrabble gespielt habe. Sie verstand es meisterlich, Wörter durch Vorsilben zu verlängern und damit hohe Punktzahlen zu erzielen. Inzwischen ist sie 94 und bettlägerig. In der Gebrauchsanleitung für ihr Heimpflegebett Marke “Theutonia II” habe ich den Satz gelesen: “Mit vier Lenkrollen ausgestattet, lässt sich das Bett auch mit darinliegendem Patienten im Zimmer verfahren.” Darüber habe ich mich sehr gewundert. Man kann sich in Paris verfahren oder im Ruhrpott, aber in einem Zimmer? Die Wörter “rollen” oder “schieben” waren dem Verfasser offenbar zu profan. So ersann er das “Verfahren”.

Apropos Verfahren: In der Amtssprache ist es ein geläufiges Verfahren, unauffällige Verben mit Vorsilben zu versehen, sodass sie auffällig werden. Dadurch soll der Ton offizieller klingen, korrekter, bedeutsamer. Tatsächlich klingt er eher seltsam, wenn nicht gar gruselig. In Polizeiberichten wimmelt es von solchen vorsilbigen Schauergeschöpfen. Wenn vom Transport von Verletzten die Rede ist, dann heißt es grundsätzlich: “Die verletzten Personen wurden ins Krankenhaus verbracht.” Ich gebrauche das Verb “verbringen” eher in aktivischen Zusammenhängen wie “Meinen letzten Urlaub habe ich in Frankreich verbracht” und “Meine Nachbarin verbringt viel Zeit vor dem Fernseher”. Als Synonym für “bringen” verwende ich es nicht. Jedenfalls habe ich noch zu keinem Taxifahrer gesagt: “Bitte verbringen Sie mich zum Flughafen!”

Mitunter findet man das Verb “verbringen” anstelle von “deportieren”: “Tausende Juden wurden nach Auschwitz verbracht und getötet.” Hier lässt sich seine Verwendung damit begründen, dass ein klarer Bedeutungsunterschied zum einfachen Verb “bringen” besteht: in “verbringen” klingen Unrecht und Gewalt an - genau wie bei “verschleppen” im Unterschied zum harmlosen “schleppen”. Warum aber werden Verletzte im Polizeijargon ins Krankenhaus “verbracht” statt “gebracht”? Der Transport ist doch weder gewaltsam noch unrechtmäßig. Davon ging ich zumindest immer aus.

Vorsilben dienen dazu, ein Wort genauer zu bestimmen oder ihm eine andere Bedeutung zuzuschreiben. Man denke nur an das Verb “schreiben”: Da gibt es einschreiben und ausschreiben, vorschreiben und nachschreiben, aufschreiben und zuschreiben, anschreiben und abschreiben. Und natürlich verschreiben, und das gleich in mehreren Bedeutungen: Man kann ein Medikament verschreiben, Tinte verschreiben, sich beim Schreiben verschreiben - und Polizeibeamte können offenbar auch Berichte ver-schreiben, jedenfalls hört sich ihr Stil danach an.

Wenn kein Bedeutungsunterschied vorliegt, dann ist die Vorsilbe überflüssig. So wie bei dem Wort “abbergen”, Fachjargon für “Rettung aus Seenot”. Oder wenn der Fliesenleger Fugen “verfüllt”, statt sie einfach zu füllen. Oder wenn ein Gerät als “sportlich beim Anstarten und im Betrieb” gepriesen wird. Denn was der Unterschied zwischen starten und anstarten sein soll, bleibt unklar. Dasselbe gilt für warnen und vorwarnen. Das nachträgliche Warnen ist jedenfalls genauso sinnlos wie das nachträgliche Programmieren, daher kann man auf ein “vor” vor diesen Wörtern getrost verzichten. Was bringt es, wenn wir Dinge abändern wollen, statt sie einfach nur zu ändern? Ist es günstiger, eine Wohnung anzumieten, statt sie zu mieten? Steigen Löhne schneller, indem man sie ansteigen lässt?

Ein leises Stöhnen von Henry reißt mich aus meinen Gedanken. “Soll ich die Stewardess bitten, dir einen Kräutertrank zu bringen?”, frage ich mitleidig, “das hilft!” Henry verzieht das Gesicht: “Damit sie mir einen Jägermeister anserviert? Nein danke, mehr Blähungen verkrafte ich heute nicht!”

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Testen Sie selbst: Können Sie bei den folgenden Wortpaaren einen Bedeutungsunterschied feststellen? Falls nicht, hört sich die längere Variante wenigstens schöner an? Wenn auch das nicht der Fall ist, dann wissen Sie, wo Sie was (ein)sparen können!

Vorsilben im Test: Flüssig oder überflüssig?
abändern ändern
abklären klären
abmildern mildern
abmindern mindern
absenken senken
absinken sinken
abzielen zielen
anmieten mieten
ansteigen steigen
anwachsen wachsen
auffüllen füllen
aufoktroyieren oktroyieren
aufzeigen zeigen
ausborgen borgen
ausleihen leihen
mithelfen helfen
verfüllen füllen
vorankündigen ankündigen
vorprogrammieren programmieren
vorwarnen warnen
zuschicken schicken

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Zitatende***

Nachtrag dazu, heute erstmals im WDR gehört: „vergesellschaften“. Es ging um Affenneuankömmlinge, die in eine Gruppe integriert werden sollten…

Ich habe gerade„Black Swan“ sehen dürfen - und konnte dem Film trotz der zahlreichen „Oscar“-Nominierungen nichts abgewinnen! Trotz einer gertenschlanken Natalie Portman etwas zu viel Ballett und zu wenig Handlung für meinen Geschmack. Wie „Showgirls“, aber ohne Sex. Bei der Gelegenheit: ich habe auch „Der englische Patient“, „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ und „Titanic“ nie ganz gesehen/geschafft…

Dafür habe ich „Die Tribute von Panem“, von Suzanne Collins, als Hörbuch inhaliert und kann die Bücher uneingeschränkt empfehlen… :-)

Schneeflocken

Heute morgen fiel nochmal Schnee. Dabei war es sehr ruhig, das hatte irgendwie was von Weihnachten. Aber bereits mittags hatte es sich was mit Weihnachtsgefühlen: keine Gans im Ofen, kein Baum, keine Geschenke - und Regen.

Genauso geht es mir dieses Wochenende, ich habe den Blues…

Ersatzdrogen (und andere leere Versprechen)

Was mich nochmal beschäftigt hat, ist mein Selbstversuch, den ich durchführte, um die Ergebnisse englischer Forscher zu überprüfen. Dabei ging es um die These, Musikhören würde im menschlichen Körper ähnliche Hormone freisetzen wie Sex. Mit der etwas älteren Annahme, dass auch der Genuss von Schokolade eine solche Wirkung nach sich zieht, hatte ich schlussgefolgert, beides zusammen könne ein Ersatz für echten Sex sein und einen aufwändigen Selbstversuch am Wochenende mit jeder Menge Musik und Schokolade durchgeführt. Das Ergebnis: Schwachfug, Kokolores, nichts ist daran an den Theorien!

Vielleicht fehlten die Vibrationen einer großvolumigen Bassbox, oder es lag an der Art der Musik, wer weiß? Jedenfalls ließ sich die These absolut nicht bestätigen. Keine Ahnung, was Professoren während ihrer Studien so rauchen, aber es muss schon etwas Härteres sein. Der Effekt, der sich beim Musikhören eingestellt hat, war von Sex ungefähr so weit entfernt wie ein „Jodeldiplom“ von einem Doktortitel. Allerdings müssen meine Ergebnisse auch noch verifiziert werden. Für die erforderlichen Gegenstudien werden Teilnehmerinnen gesucht und Meldungen ab sofort per eMail entgegen genommen. Wenn möglich, bitte mit Foto… ;-)

Das Einzige, das ich zweifelsfrei feststellen konnte, ist die Verbindung von Musik zu Erinnerungen. Bestimmte Songs waren unlösbar fest mit bestimmten Ereignissen verbunden. So führte mich meine Musiksammlung aus den 80ern zurück auf eine Zeitreise hin zu mehr oder weniger erinnerungswürdigen Ereignissen aus meinen Schritten ins Erwachsenwerden. In Clubs, die längst nicht mehr existieren, Restaurants mit kalter Küche und anderen Plätzen, die heute so nicht mehr aussehen. Jeder kennt das: man hört ein bestimmtes Lied und die dazu passende Begebenheit ist einem unmittelbar wieder gegenwärtig. Namen, Personen und Begebenheiten wurden durch die Lieder zurück ins Heute geholt. War stellenweise recht amüsant, manchmal etwas wehmütig, immer aber unterhaltsam. Doch in punkto Intensität reichen die Sinneswahrnehmungen der Ohren bei Weitem nicht an die der Nase heran! Hört man z.B. ein Lied, das an jemand Bestimmten erinnert, hat man sie/ihn recht klar vor Augen. Doch Gerüche können noch mehr: der richtige Duft zwingt uns dazu, uns direkt umzudrehen und nach dem Träger zu suchen - von dem wir eine sehr konkrete Vorstellung besitzen. Die Verzahnung des Geruchssinns mit bestimmten Regionen unseres Gehirns ist viel intensiver ausgeprägt und besitzt eine direktere Verbindung als die des Gehörs. Ein Lied, das uns an jemanden erinnert, bringt ein Bild mit sich. Ein Duft dagegen bringt uns die Gefühle zurück. Soweit meine These „Duft schlägt Geräusch“.

Ein Tipp dazu: wenn ein Lied (oder ein Duft) Euch an jemand Speziellen aus früheren Tagen erinnert hat - googelt sie/ihn nur, wenn er/sie nicht Eure einzige schöne Erinnerung ist! Der Zahn der Zeit kann so gnadenlos böse sein… ;-)

Abgesehen von der frustrierenden Forschungsarbeit ist da ja noch mein Langzeitprojekt „Fröhlich trotz ALS“, das mir stimmungsmäßig immer wie die Schlussszene aus „Das Leben des Brian“ mit dem Lied vorkommt: „Always
look on the bright side of life…“ ;-)

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